Matthäus
"Es war auch keine Zeit zu verlieren,
ein zweites Mal wäre der Ruf zum Apostel nicht mehr an ihn ergangen"

Abschnitt aus dem Buch:
Die zwölf Apostel
von Matthias Premm

Matthäus ("Geschenk Gottes") hatte noch einen zweiten Namen: Levi. So benennen ihn Markus und Lukas. Er war der "Sohn des Alphaus" und vom Beruf Zöllner. Matthäus (9,9) prangert sich selbst mit diesem damals schmachvollen Wort an.

Der Zöllner

Im Römischen Reich, dem Palästina unterworfen war, erfolgte die Einhebung der Steuern nicht wie bei uns durch Finanzbeamte, sondern der Staat verpachtete sein Steuerrecht an Meistbietende. Diese hatten dann oft Unterpächter, die außer dem, was sie dem Pächter abliefern mußten, auch für sich noch etwas verlangten, nicht selten durch Anwendung von ungerechter, rücksichtsloser Erpressung. Von ihren Volksgenossen, den Juden, wurden sie als "Diebe" und "Volksverräter" (Kollaborationisten würde man heute sagen) gebrandmarkt, weil sie auf solche Weise im Dienst der heidnischen Fremdherrschaft ihr Volk ausbeuteten. Man spuckte nicht selten vor ihnen aus und nannte sie in einem Atemzug mit den "Heiden und öffentlichen Sündern". (Ob auch unser Matthäus-Levi in Ausübung seines Berufes Ungerechtigkeiten beging, wissen wir nicht; aber die Gefahr dazu war sehr groß.)

Der Apostel

Levis Zollstätte befand sich in Kapharnaum, wo auch der Heiland den größten Teil seines öffentlichen Lebens verbrachte. So erfuhr Matthäus von seinen Wundertaten und seiner Charaktergröße. Christus ging sicher öfter an der Zollbank vorbei. Eines Tages aber bleibt er dort stehen, "schaut den Zöllner an und spricht zu ihm: 'Folge mir!' Da stand er (Matthäus) auf und folgte ihm." So schildert Matthäus selbst in seinem Evangelium (9,9) das große Ereignis. Christus schaute ihn an mit jenem majestätischen Blick, mit dem er alle anzusehen versteht, von denen er Besitz ergreifen will. "Und Levi stand auf und folgte Jesus." Mit raschem Ruck schiebt der Zöllner seinen Stuhl weg, versperrt die Kassen und er, der reiche Mann, lebt weiterhin arm mit dem besitzlosen Heiland. Es war auch keine Zeit zu verlieren, ein zweites Mal wäre der Ruf zum Apostel nicht mehr an ihn ergangen. Wie oft versäumen wir durch unsere Bequemlichkeit große Gnaden!

Mit Matthäus trat ein Mann ganz eigener Art in das Apostelkollegium ein: er hatte eine höhere Bildung als die anderen, war reicher als sie und war gesellschaftlich in hoher Stellung; andererseits hat er einem verrufenen Stand angehört. Bei den anderen Aposteln war alles genau umgekehrt.

Voll Freude über die Berufung hält darauf Matthäus, so berichtet er selbst in seinem Evangelium (9,10) weiter, sozusagen ein Festbankett, wohl in seiner Villa am See, an dem auch Jesus teilnahm. Dazu lud Levi auch seine bisherigen Berufskollegen ein: "Eine große Menge (!) Zöllner und andere saßen mit ihm zu Tisch."
     Die Pharisäer sind ganz außer sich vor Entsetzen, wagen sich aber an Christus selbst nicht heran, sondern fragen seine Jünger: "Warum ißt euer Meister mit Zöllnern und Sündern?" (Ihr werdet doch selbst dadurch in ein schiefes Licht gestellt!) Jesus mit seinem feinen Ohr hört es und erwidert: "Nicht die Gesunden bedürfen des Arztes, sondern die Kranken . . . Ich bin gekommen, nicht die Gerechten (jene, die sich, wie die Pharisäer, für heilig halten) zu berufen, sondern die Sünder." Ob sich die übrigen Apostel, die auch vom Sauerteig der Pharisäer infiziert waren, bei diesem "Primizmahl" ihres neuen Kollegen ganz wohl fühlten? Es war in der Tat ein kühnes Wagnis Jesu, den Aposteln einen Zöllner zurseite zu stellen. Aber hielt er es nicht auch später so und machte beispielsweise aus einem Augustinus, trotz seiner vielen jugendlichen Verirrungen, einen Bischof, ja einen hochangesehenen Kirchenlehrer? Halten wir uns doch nicht, wie die Pharisäer, für besser als andere, sondern beten wir lieber mit dem Zöllner im Evangelium: "Herr, sei mir Sünder gnädig!" Es braucht aber auch gar niemand wegen der begangenen Sünden zu verzagen.

Der Evangelist

Matthäus zeigte seine innere Umwandlung und Dankbarkeit gegenüber dem barmherzigen Meister am schönsten dadurch, daß er uns die erste Darstellung des Lebens Jesu schenkte. Ergreifend schreibt er in seinem Evangelium gerade von der Barmherzigkeit Christi gegenüber den Sündern, die er so der ganzen Menschheit verkündet bis ans Ende der Welt. Er schrieb in der aramäischen Umgangssprache seiner Heimat, damit auch die einfachen Leute, die Schafhirten, Arbeiter und Handwerker, die frohe Botschaft von der Erlösung verstehen könnten, die ja auch der Heiland selbst in dieser Mundart verkündet hat.

Vom sonstigen apostolischen Wirken unseres Apostels wissen wir nichts Genaueres. Sowohl von der griechischen als auch von der lateinischen Kirche wird Matthäus als Märtyrer gefeiert. Seine Reliquien sollen zuerst von Äthiopien, wo er gewirkt haben soll, nach Paestum, einem kleinen italienischen Dorf am Golf von Salerno, um im zehnten Jahrhundert nach Salerno selber (vgl. Martyrologium Romanum vom 6. Mai) gebracht worden sein, wo sie heute noch verehrt werden. Sein Fest feiert die Kirche am 21. September.

Im übrigen ist sein Evangelium eine ununterbrochene Predigt an alle Menschen aller Zeiten. Dadurch ist er der Bedeutung nach eigentlich der nach Petrus und Johannes Größte der Zwölf. Sein Evangelium zeigt auf jeder Seite, daß Levi-Matthäus Christi Wort tief innerlich erfaßt hat, und kündet von seiner hingebenden Liebe und Treue zu seinem Herrn und Heiland Jesus Christus.


20.9.2023


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